GastroSpiegel, 18.02.2016 ‑ Digitalisierung und Vernetzung gewinnen in Gastronomie und Gemeinschaftsverpflegung zunehmend an Bedeutung. Die Fachmesse Intergastra zeigt in diesen Jahr viele Produkte der vernetzten (Groß-)Küche, für die die Küche 4.0 längst gegenwärtig ist.
Digitale Kassensysteme, Aufnahme der Bestellung mit dem Tablet und Online-Bewertungsportale für Restaurants und Hotels – diese Bilder haben viele Gastronomen vor Augen, wenn sie den Begriff Digitalisierung mit ihrer Branche verbinden. Doch Digitalisierung in der gastgebenden Branche geht bereits viel weiter. Viele Prozesse und Abläufe, die man seit Anfang des Jahrzehnts in der Wirtschaft unter Industrie 4.0 kennt und in der industriellen Fertigung mit dem „Internet der Dinge“ in Verbindung bringt, haben inzwischen auch Einzug in Küchen der Gastronomie und bei der Gemeinschaftsverpflegung gehalten.
Die digitale Vernetzung spiegelt sich immer stärker in der gastgebenden Branche – und manchmal schmeckt der Gast das auch. Nämlich dann, wenn die digitale Vernetzung und Abläufe helfen, die oftmals zeitlich und räumlich entkoppelten Prozesse von Zubereitung der Speisen und Verzehr zu überwachen und die Erfolgsfaktoren für das perfekte Gericht zu optimieren.
Gastronomie-Experten sprechen an dieser Stelle von Küche 4.0 und beim Blick auf die Parallelen zu den Abläufen in der industriellen Produktion wird schnell deutlich, wie berechtigt die Anlehnung an Industrie 4.0 ist. Für viele Experten stellt sich nicht die Frage, ob die digitale Vernetzung bereits in der Küche präsent ist, sondern mit welcher Geschwindigkeit diese Entwicklung weiter geht und die Branche prägen wird.
„Kochen und Digitalisierung müssen lernen Hand in Hand zu gehen“, bestätigt der Branchenexperte Daniel Werth, Beyerbach. „Die Digitalisierung im Außer-Haus-Markt wird durch einen Wertewandel, der sich beim Thema Mehrweg wider spiegelt, durch Regionalität und auch durch gesetzliche Vorschriften getrieben. Prozesse nachvollziehbar zu machen und Daten lückenlos nachverfolgen zu können, wie zum Beispiel Informationen zu Inhaltsstoffen oder zu Temperaturen, spielen durch die Entkopplung der Prozesse eine immer wichtigere Rolle. Das Thema Big Data ist auch in der Gastronomie sehr präsent.“
Nach Einschätzung von Branchenexperten haben die jährlichen Investitionen in Deutschlands (Restaurant-)Küchen und Großküchen ein Volumen von rund 800 Millionen Euro. Adrian Brändle vom HKI Industrieverband Haus-, Heiz- und Küchentechnik, weiß: „Erste digitalen Lösungen sind bereits auf dem Markt und in den Küchen. Aber ihr Anteil und auch das, was sie zu leisten im Stande sind wird sich in absehbarer Zukunft deutlich steigern. Die Grundsteine sind gelegt. Künftig werden die Geräte untereinander aber auch mit dem Lebensmittel kommunizieren. Hierdurch wird es möglich sein Prozesse zu optimieren, Personal zu entlasten, Energie und somit auch Kosten zu sparen.“
Digitale Systeme, die heute in der Küche eingesetzt werden, dienen meist der Überwachung und nicht der Steuerung. Wichtiges Ziel sind dabei die Einhaltung von HACCP-Standards, ein System, das die Sicherheit von Lebensmitteln gewährleisten soll. Digitale Erfassung, Weitergabe und Dokumentation von Temperaturen bei Lebensmitteln sind bei vielen Betrieben bereits an der Tagesordnung. Aber auch Bereiche wie Qualitätsmanagement, Rückverfolgung von Prozessen, Instandhaltungsmanagement und Energiemanagement spielen in der Küche 4.0 zunehmend eine Rolle und treiben die digitale Vernetzung von Systemen und Technik voran.
Viele Innovationen für die Gastronomiebetriebe, die bei der digitalen Vernetzung wegweisend sind, finden Fachbesucher vom 20. bis 24. Februar in Stuttgart auf der Intergastra 2016. Zum Beispiel beim Digitalisierungs- und Organisationssystem „Check“ von Rieber, einer der Gewinner des Intergastra Innovationspreises 2016. Sämtliche Daten und Prozesse zu Organisation, Temperaturerfassung, Transport und Hygiene werden mit einem QR-Code digital erfasst, organisiert und optimiert. Das Unternehmen steht mit seinen Produkten für ressourcenschonenden, energieeffizienten und nachhaltigen Einsatz von Geräten und Materialien. Max Maier, Rieber, sieht Nachholbedarf bei den Prozessen in den Küchen: „Der Prozess der Zubereitung, Lagerung und Entkopplung wird ein physischer Prozess bleiben. Eine gute Organisation dieses Prozesses wird aber zu einer neuen Wertschöpfung führen.“
Aber auch andere Produkte der vernetzten (Groß-)Küche finden Köche, Küchenchefs und Hotelverantwortliche auf der Stuttgarter Fachmesse. Zum Beispiel bei den Schnellkühlern, Lagerschränken und Gärsystemen von Irinox. Bei den neuesten Generationen der Geräte des italienischen Herstellers spielt die digitale Vernetzung im Betrieb eine wachsende Rolle, zum Beispiel die Übertragung der HACCP-Daten über WLAN-Netz an den Küchenchef. Oder bei Dienstleistern wie der m2m systems GmbH. Das Unternehmen aus Lauda-Königshofen bietet seinen Kunden Komplettlösungen zur Erfassung, Verarbeitung, Integration und Visualisierung von System- sowie Gerätedaten an globalen Standorten über das Internet an.