
Jubiläum unter schwierigen Marktbedingungen
GastroSpiegel, 11.04-2025 – Im 100. Jahr der Unternehmensgeschichte ist der Zulieferer für die Küchen- und Hausgeräteindustrie weiter in einem sehr schwierigen konjunkturellen Umfeld unterwegs. Als Folge ging der Umsatz im Jahr 2024 im Vorjahresvergleich von 1,24 auf 1,13 Milliarden Euro zurück. „Die multiplen globalen Krisen belasten auch unser Unternehmen“, sagte der Vorstandsvorsitzende (CEO) Bernd Eckl am Donnerstag bei der Jahrespressekonferenz in Oberderdingen. Die Unsicherheit angesichts der vielen Probleme weltweit und das erhöhte Zinsniveau bremsten die Investitionsbereitschaft der Menschen. Zum Beispiel die Halbierung der Baugenehmigungen in Deutschland zwischen 2021 und 2024 von 329.000 auf 172.000 Wohneinheiten unterstreiche das laut Eckl eindrucksvoll. Das treffe die Blanc&Fischer-Gruppe als Spezialisten für Produkte und Services für den Lebensraum Küche hart.
Verhaltene Aussichten
In der Jahrespressekonferenz gaben neben Bernd Eckl der Finanzvorstand Heiko Pott und die Vorstandsmitglieder Karlheinz Hörsting (zugleich CEO der EGO-Gruppe) und Frank Gfrörer (zugleich CEO der Blanco-Gruppe) Einblick in die Entwicklung des Konzerns mit seinen Marken Arpa, B-Pro, Blanco, EGO und Kugel. „Unsere Kernmärkte haben sich schwächer als prognostiziert entwickelt – und sie werden wohl vorerst auf diesem Niveau bleiben“, erklärte Eckl. Deshalb sei es sehr wichtig, sich auf diese neue Normalität einzustellen. „Ohne die weitreichenden Maßnahmen der vergangenen 18 Monate hätten wir heute ein deutlich anderes Ergebnis zu verzeichnen. Es gilt daher, mit wetterfestem Schiff, eingeschworener Crew und kühlem Kopf Kurs zu halten in die Zukunft und die Strukturen weiter den Marktgegebenheiten anzupassen“, erläutert Eckl weiter
Gleichzeitig gelte es aber auch, die Zukunft zu gestalten. Es gehöre seit der Gründung vor 100 Jahren zur DNA des Unternehmens, dass man danach strebe, das Leben der Menschen einfacher zu machen. „In den Entwicklungsbereichen arbeiten die Teams mit Hochdruck an Innovationen. Außerdem halten wir das Digitalisierungstempo hoch. Und trotz der schwachen Märkte setzen wir unseren Investitionskurs konsequent fort. Im Jahr 2024 haben wir in Summe 65 Millionen Euro in investiert, beispielsweise in hochmoderne und effiziente Werke bei EGO oder die Markenbildung und eine Standorterweiterung bei Blanco“, erläutert der CEO. Wie bereits im Vorjahr seien dabei mehrere Millionen EUR in den Standort Oberderdingen geflossen – unter anderem in die Weiterentwicklung der Marke Blanco durch das Brand Experience Center, einer neue Markenwelt, die die Produkte und Lösungen rund um die Blanco Unit ins rechte Licht setze.
Gesamte Branche vor gewaltigen Herausforderungen
Finanzvorstand Heiko Pott erläuterte die Umsatzentwicklung. Sie spiegele demnach die gewaltigen Herausforderungen, vor denen die gesamte Branche nach der Pandemie-getriebenen Sonderkonjunktur noch zu Zeiten niedriger Zinsen stehe. Deshalb stehe Blanc & Fischer bei den Kosten bereits seit geraumer Zeit auf der Bremse, habe das Produktionsnetzwerk optimiert und Kapazitäten angepasst. Pott betont: „Das waren wichtige Maßnahmen, die uns in der aktuellen Situation helfen und die wir auch in diesem Jahr fortsetzen werden.“
Mit 637 Mio. EUR (-9 %) leistete die EGO-Gruppe traditionell den größten Beitrag zum Konzernumsatz. Blanco erzielte im schwierigen Marktumfeld einen um sieben Prozent rückläufigen Umsatz von 383 Millionen Euro– rund ein Drittel des Konzernumsatzes. B-Pro unterschritt den Vorjahresumsatz um rund 14 Prozent und erreichte rund 86 Millionen Euro. Das Geschäft mit professioneller Küchenausstattung (Segment „Catering“) sei dabei relativ gesehen mit knapp vier Prozent Umsatzrückgang recht stabil gewesen, aber das Industriegeschäft von B-Pro habe besonders unter dem strukturellen Wandel hin zur Elektromobilität gelitten.
Bei der regionalen Verteilung der Umsätze zeigt sich die starke Bedeutung der Märkte in Deutschland (mit 25,5 % stärkster Einzelmarkt) und Europa (45,5 %). „Diese Märkte waren überproportional stark vom Einbruch der Bautätigkeit getroffen. Auch auf absehbare Zeit wird Wachstum eher in anderen Weltregionen stattfinden. Daher ist es so wichtig, dass wir unsere Strategie der Internationalisierung weiter fortsetzen“, betonte Pott.
Zum Jahresende 2024 hat die Blanco&Fischer-Gruppe weltweit 7.656 Menschen beschäftigt – im Vergleich zu 7.913 im Jahr zuvor. „Verantwortung für das Unternehmen wahrnehmen, heißt auch, auf Veränderungen des Marktes zu reagieren und strukturellen Entwicklungen Rechnung zu tragen. Wir haben in allen Bereichen des Unternehmens massiv Kosten überprüft und gesenkt. Auch Kapazitäten mussten wir abbauen und Kurzarbeit in ausgewählten Bereichen umsetzen. Darauf werden wir auch im laufenden Jahr selektiv zurückgreifen müssen“, sagte Pott.
Meilensteine in der Produktentwicklung
Die Hausgerätebranche weltweit sei immer noch unter Druck, sagte Karlheinz Hörsting mit Blick auf die Geschäftsentwicklung der EGO-Gruppe. Um ein führender Technologiepartner für die Branche zu bleiben, treibe das Unternehmen Innovationen voran. Ein Beispiel sei die für den professionellen Gebrauch gedachte Induktionsplattform EGO Q1, die beispielsweise Temperaturregelung für Grillplatten und Kochkessel biete oder die Möglichkeit, an das Energiemanagement-System der Gewerbeküche angeschlossen zu werden.
Innovation für private Küchen bedeute dagegen der neue Technologiestandard „Ki“, den EGO mit vorantreibt: Mit Ki sollen Kaffeemaschinen, Toaster, Wasserkocher und weitere Küchengeräte kabellos induktiv mit bis zu 2.200 Watt versorgt werden. Ki ist dabei im Induktionskochfeld integriert – so ist das Kochen und die Nutzung kabelloser Kleingeräte auf derselben Kochstelle möglich. Das Unternehmen steht kurz davor, die erste Zertifizierung eines Transmitters nach diesem Standard zu erreichen. Auch über das traditionelle Geschäft mit der Küchenindustrie hinaus intensiviert EGO in seine Innovationstätigkeit: Hörsting stellte aktuelle Produkte im Bereich Klimalösungen vor und erläuterte, wie sich das Produktportfolio in diesem Bereich weiterentwickelt.
Internationales Produktionsnetzwerk gestärkt
Parallel dazu passt die EGO-Gruppe ihr Produktionsnetzwerk weltweit an. Die Regionen Nord- und Südamerika sowie Asien-Pazifik sind dabei laut Hörsting von immenser Bedeutung: Hier steige die Nachfrage, und EGO stelle sich darauf ein, diese Regionen künftig noch besser zu bedienen. Daher gehe es darum, dort Kapazitäten zu haben, wo sich die Märkte langfristig entwickeln. „Local-for-local, soweit betriebswirtschaftlich sinnvoll – das ist der Maßstab für unsere Aufstellung“, erklärte Hörsting. Im Februar hat EGO. bereits einen neuen Produktionsstandort in Mexiko im Industriepark Amexhe in Apaseo el Grande eröffnet und Fertigungskapazitäten aus bisherigen Standorten gebündelt. Auch in Polen baut der Hersteller neu: Im November 2024 wurde der Grundstein für das Werk in Lodz gelegt.
Blanco wandelt sich zum Systemanbieter
Auch bei Blanco sieht der Vorstand die Wettbewerbsfähigkeit gestärkt. Frank Gfrörer sagte: „Blanco hat die operative Performance verbessert, wichtige Investitionen abgeschlossen, den Produktionsverbund für Spülen vorangetrieben, die Digitalisierung von Prozessen ausgeweitet und Organisationsstrukturen gestrafft.“ Vor allem habe Blanco im Selbstverständnis und in der Marktstellung einen wichtigen Wandel vollzogen: „Wir haben uns vom Spülenhersteller zum Systemanbieter entwickelt. Die Blanco Unit ist die konsequent zu Ende gedachte Einheit für den Wasserplatz in der Küche und umfasst neben der klassischen Spüle beispielsweise hochmoderne Wasseraufbereitungssysteme sowie Organisations- und Abfall-Trennsysteme. Damit lösen wir unseren eigenen Anspruch ein, im Markt die Nummer 1 für Mehrwert am Wasserplatz zu sein“, erklärte Gfrörer. Das betone auch die neue Markenidentität, die das Unternehmen im vergangenen Jahr entwickelt habe und jetzt für den Handel und die Endverbraucher in die Märkte trage.
Nachhaltigkeit im Kerngeschäft
Auch beim Thema Nachhaltigkeit konnten wichtige Meilensteine erreicht werden, erläuterte das dafür zuständige Vorstandsmitglied Frank Gfrörer. Nach der Verabschiedung der Nachhaltigkeitsstrategie habe sich das Unternehmen klare Ziele gesetzt, beispielsweise den direkten CO₂-Ausstoß bis 2030 um 42 Prozent gegenüber 2021 zu senken und bis 2027 alle Produktionsstandorte nach ISO 50001 (Energiemanagement) und ISO 14001 (Umweltmanagement) zertifizieren zu lassen.
Gfrörer erläuterte, wie Nachhaltigkeit im Kerngeschäft verankert wird und verwies exemplarisch auf Erfolgsprojekte bei Blanco in Sinsheim und EGO in Österreich, wo Ausschuss aus dem Produktionsprozess aufbereitet und als Material wiederverwendet wird. Das seien wichtige Schritte in Richtung Kreislaufwirtschaft. Der bald erscheinende neue Nachhaltigkeitsbericht spiegele die große Reise wider, die das Thema Nachhaltigkeit durchlaufen habe. Künftig folge die Berichterstattung detaillierten regulatorischen Vorgaben und damit einer vorgegebenen Struktur, beispielsweise über Strategie, Ziele, Organisation und Verantwortlichkeit zu sprechen. Gfrörer machte aber auch klar, dass die mit der Berichterstattung einhergehenden bürokratischen Anforderungen mittelständische Unternehmen stark belasten. Insofern begrüße das Unternehmen das zuletzt von der EU und der Bundesregierung angekündigte Hinterfragen der regulatorischen Anforderungen.
rl